Der Orden und der synodale Geist
Eminenz, welche wesentliche Botschaft können Sie den Mitgliedern unserer päpstlichen Institution in der ganzen Welt als Großprior des Ordens vom Heiligen Grab in Mexiko und im Lichte Ihrer Erfahrung als Teilnehmer an der Synode über die Synodalität übermitteln?
Zunächst einmal müssen wir berücksichtigen, dass einer der grundlegenden Aspekte der Synodalität die Artikulation aller kirchlichen Präsenzen ist, so dass sich Diözesen, Pfarreien und alle Orden – seien es Säkularorden, religiöse Kongregationen von Männern oder Frauen, Bewegungen, Vereinigungen usw. –um eine möglichst enge Artikulation bemühen müssen, um das Lebenszeugnis zu verstärken, welches wir als Jünger Christi zu geben haben. Das heißt, dass wir als kirchliche Gemeinschaft überall auf der Welt und in jeglicher Situation mit demselben Glauben und derselben Gemeinschaft bezeugen, dass wir Brüder und Schwestern sind. Wir sind gemeinsam unterwegs und artikulieren dabei unsere Strukturen derart, dass unsere Aktivitäten auch die der anderen stärken. In diesem Aspekt der Synodalität sind Sie also eine großartige Gegebenheit, da Sie sich in vielen Teilen der Welt und auf verschiedenen Kontinenten befinden. Sie können diese Artikulation der Strukturen und das verstärkte Zeugnis erleichtern, indem Sie sich nicht nur im Inneren als Orden betrachten, sondern als ein Orden, der zusammen mit anderen kirchlichen Präsenzen der Kirche in der Welt unterwegs ist.
In wenigen Worten können wir also sagen, dass die Synode, an der Sie teilgenommen haben, uns dazu einlädt, die Kirche nach dem Vorbild der Dreifaltigkeit zu leben. Wie kann dieser synodale Geist Ihrer Meinung nach im Orden gelebt werden und wie kann er aufrechterhalten und entfaltet werden?
Dies ist eine sehr wichtige Frage in dem Sinn, dass der Orden vom Heiligen Grab den Auftrag hat, die Heiligkeit seiner Mitglieder zu leben, das heißt das trinitarische Leben, das Leben in Gemeinschaft, in gegenseitigem Verständnis und im gemeinsamen Handeln zwischen Vater, Sohn und Heiligem Geist nachzuahmen. Das ist der Kompass auf unserem Weg zur Heiligkeit und mit dieser Erfahrung können wir auch ein Zeugnis des synodalen Geistes geben. Warum? Weil die Synodalität auf die Überzeugung ausgerichtet sein muss, dass Christus unser Weg, unsere Wahrheit und unser Leben ist. Aus diesem Grund hat jeder Katholik im Allgemeinen den Wunsch, eines Tages das Heilige Land und die Orte zu besuchen, an denen Jesus Christus zur Welt kam, gelebt hat und gestorben ist. Es ist ein sehr eindrückliches Zeugnis, und deshalb besteht die Spiritualität des Ordens nicht nur darin, die Elemente bekannt zu machen, die das Heilige Land besitzt und warum wir dafür Sorge tragen müssen; vielmehr besteht sie auch im Zeugnis Christi selbst, der mit uns auf dem Weg ist. Sie spiegeln also dieses Bild der Dreifaltigkeit in Ihrem Leben wider, indem Sie nach Heiligkeit streben und wie Jesus versuchen, die Jünger Christi zur Gemeinschaft zu führen. Sie haben somit eine sehr wichtige spezifische Aufgabe wie alle kirchlichen Präsenzen, und sind somit zu einem Leben in Gemeinschaft in der Kirche berufen.
Der Orden hat das Zweite Vatikanische Konzil in dem Sinne vorweggenommen, als er seit langem den getauften Laien, insbesondere den Frauen einen Platz einräumt, die in unserer päpstlichen Institution Zugang zu den gleichen verantwortungsvollen Stellungen haben wie die Männer. Wie kann der Orden heute konkret dem synodalen Geist in den Diözesen dienen, in denen er angesiedelt ist?
Ja, der Orden hat die Besonderheit, mit Nachdruck zu bezeugen, dass jeder Katholik, ob Mann oder Frau ein Jünger Christi ist, aber auch allen Getauften stets einen Platz einzuräumen und ihnen Zugang zur kirchlichen Verantwortung zu verschaffen – das heißt in einer Gemeinde mit den Strukturen der Gemeinde oder in einer Diözese mit den Aktivitäten der Diözese in Gemeinschaft zu sein und dies auch auf den verschiedenen Ebenen der Organisation der Kirche. Diese Präsenz hat stets den Auftrag, die rechte Hand der Bischöfe in jeder ihrer Diözesen zu sein, um sie bei dieser pastoralen Leitung und Gemeinschaft zu unterstützen, die die Geschwisterlichkeit der Kinder Gottes erfordert.
Gleich in den ersten Jahrhunderten ist die Kirche ihren Weg in der Synodalität gegangen. Wir sehen die Zeugnisse der Apostel, die immer zusammenlegten, was sie hatten, und darum baten, dass der missionarische Aspekt über die Grenzen Israels hinausgeht. Diese missionarische Perspektive gliedert sich in die Notwendigkeit einer Kirche ein, die ihre Türen für alle Menschen öffnet, damit sie das Leben kennenlernen, das wir in Jesus Christus entdecken und das unserer irdischen Existenz Sinn verleiht. Es handelt sich also um ein enormes Potenzial, das wir ausnutzen müssen. Auf diese Weise arbeiten Sie an diesem ganz klaren, von Papst Franziskus gesetzten Ziel mit, eine Kirche zu sein, die ihr Leben in Gemeinschaft durch diese Gliederung der gemeinsamen Strukturen und Prozesse wie die missionarische und barmherzige Synodalität zum Ausdruck bringt. Ich wünsche Ihnen die Hilfe des Herrn, damit wir uns alle dieser Realität bewusst werden und nicht den Eindruck haben, dass wir eine spezifische Institution für sich sind, dass wir nichts mit den anderen zu tun haben, sondern dass wir uns unter der Leitung jedes Ortsbischofs zusammenschließen und gemeinsam vorangehen.
Das Gespräch führte François Vayne
(Januar 2025)