„Die Kirche vertraut Ihnen heute von Neuem die Aufgabe an, Hüter des Grabes Christi zu sein“
                         
                        
                    
Sehr geehrte Eminenzen, Sehr geehrte Exzellenzen,
Liebe Brüder und Schwestern,
Es ist mir eine Freude, mit Ihnen allen, den Rittern und Damen des Ritterordens vom Heiligen Grab zu Jerusalem in diesem Jubiläumsjahr zusammenzukommen.
Sie sind aus verschiedenen Teilen der Welt nach Rom gekommen, und das erinnert uns daran, dass die Praxis der Pilgerfahrt am Anfang Ihrer Geschichte steht. In der Tat sind Sie entstanden, um das Heilige Grab zu hüten, sich um die Pilger zu kümmern und die Kirche von Jerusalem zu unterstützen. Das tun Sie auch heute noch mit der Demut, der Hingabe und der Opferbereitschaft, die für Ritterorden charakteristisch sind, insbesondere durch „ein beständiges Zeugnis des Glaubens und der Solidarität gegenüber den Christen, die an den Heiligen Stätten leben“ (Heiliger Johannes Paul II., Ansprache an die Teilnehmer des Jubiläums des Ritterordens vom Heiligen Grab zu Jerusalem, 2. März 2000).
Ich denke dabei an die bemerkenswerte Unterstützung, die Sie ohne Aufsehen und ohne Werbung den Gemeinschaften im Heiligen Land zukommen lassen, indem Sie das Lateinische Patriarchat von Jerusalem bei seinen verschiedenen Aktivitäten unterstützen: das Priesterseminar, die Schulen, die karitativen und sozialen Einrichtungen, die humanitären Projekte und die Ausbildung, die Universität, die Unterstützung der Kirchen, mit besonderen Beiträgen in Zeiten großer Krisen, wie während der Covid-Pandemie und den tragischen Tagen des Krieges.
Durch all dies zeigen Sie, dass das Hüten des Grabes Christi nicht nur bedeutet, ein historisches, archäologisches oder künstlerisches Erbe zu bewahren, ganz gleich wie bedeutend es sein mag, sondern eine Kirche aus lebendigen Steinen (vgl. 1 Petr 2,4-5) zu unterstützen, die um dieses Grab herum entstanden ist und noch heute als authentisches Zeichen der österlichen Hoffnung lebt.
Deshalb möchte ich in diesem Jubiläum der Hoffnung mit Ihnen einen Moment dabei verweilen und drei Dimensionen der Hoffnung hervorheben.
Die erste ist die Ausdauer und das Vertrauen auf Gottes Verheißung (vgl. Papst Franziskus, Verkündigungsbulle Spes non confundit, 4). Vor dem Grab des Herrn innehalten bedeutet in der Tat, seinen Glauben an Gott zu erneuern, der seine Verheißungen hält und dessen Macht keine menschliche Kraft zerstören kann. In einer Welt, in der Arroganz und Gewalt über die Nächstenliebe zu siegen scheinen, sind Sie berufen zu bezeugen, dass das Leben über den Tod triumphiert, dass die Liebe über den Hass triumphiert, dass die Vergebung über die Rache triumphiert und dass die Barmherzigkeit und die Gnade über die Sünde triumphieren. Möge Ihre „Präsenz” an den heiligen Stätten vor allem eine „Präsenz des Glaubens” sein, die den Männern und Frauen unserer Zeit hilft, mit ihrem Herzen vor dem Grab Christi innezuhalten, wo der Schmerz seine Antwort im Vertrauen findet und wo für diejenigen, die zuhören können, weiterhin die Verkündigung widerhallt: „Fürchtet euch nicht! Ich weiß, ihr sucht Jesus, den Gekreuzigten. Er ist nicht hier; denn er ist auferstanden, wie er gesagt hat“ (Mt 28,6). Sie können dies erreichen, indem Sie Ihr Herz mit einem intensiven sakramentalen Leben nähren, indem Sie auf das Wort Gottes hören und es betrachten, durch persönliches und liturgisches Gebet, durch die spirituelle Ausbildung, die innerhalb des Ordens so bedeutend ist.
Die zweite Dimension der Hoffnung, auf die ich eingehen möchte, lässt sich durch das Bild der Frauen verkörpern, die zum Grab gehen, um den Leichnam Jesu zu salben (vgl. Mk 16,1-2). Es ist das Gesicht des Dienstes – um dessentwillen nicht einmal der Tod des Meisters Maria Magdalena, Maria, die Mutter des Jakobus, und Salome davon abhalten konnte, sich um ihn zu kümmern. Ich habe Ihnen bereits meine Dankbarkeit für all das Gute ausgesprochen, das Sie in Einklang mit der altüberlieferten Tradition der Fürsorge tun, die Sie auszeichnet. Wie oft keimt dank Ihres Handelns ein Funken Hoffnung für Menschen, Familien und ganze Gemeinschaften auf, die von schrecklichen Dramen auf allen Ebenen bedroht sind, insbesondere an den Orten, an denen Jesus gelebt hat. Ihre Nächstenliebe unterstützt sie, da Sie in deren Bedürfnissen jene „Zeichen der Zeit” erkennen, die Papst Franziskus uns aufgerufen hat, uns zu eigen zu machen, um sie in „Zeichen der Hoffnung” zu verwandeln (vgl. Spes non confundit, 8).
Es gibt jedoch noch eine dritte Dimension der Hoffnung, auf die mich beziehen möchte und die uns dazu bringt, auf das Ziel zu blicken. Das Bild, das uns dabei in den Sinn kommt, ist das von Petrus und Johannes, die zum Grab laufen (vgl. Joh 20,4-10). Nachdem sie am Ostermorgen den Bericht der Frauen gehört hatten, machten sie sich sofort auf den Weg und eilten zum leeren Grab, um ihren Glauben an Christus im Licht der Auferstehung zu erneuern. Der heilige Paulus verwendet dasselbe Bild, wenn er von seinem Leben als einem Wettlauf im Stadion spricht, den er nicht ziellos läuft, sondern der auf die Begegnung mit dem Herrn ausgerichtet ist (vgl. 1 Kor 9,24-27). Das drückt die Geste der Wallfahrt aus: Sie ist das Symbol für die Suche nach dem letzten Sinn des Lebens (vgl. Spes non confundit, 5). Auch Sie haben diese Wallfahrt unternommen, und ich lade Sie ein, Ihre Anwesenheit hier nicht als Endpunkt zu betrachten, sondern als eine Etappe, von der aus Sie sich wieder auf den Weg machen können, um das einzige wahre und endgültige Ziel anzusteuern: die volle und ewige Gemeinschaft mit Gott im Paradies. Machen Sie dies auch zu einem Zeugnis für die Brüder und Schwestern, denen Sie begegnen: Zu einer Einladung, die Dinge dieser Welt mit der Freiheit und Freude derer zu leben, die wissen, dass sie auf dem Weg zum unendlichen Horizont der Ewigkeit sind.
Liebe Freunde, heute vertraut Ihnen die Kirche von Neuem die Aufgabe an, Hüter des Grabes Christi zu sein. Seien Sie dies in vertrauensvoller Erwartung, in eifriger Nächstenliebe und in freudiger Hoffnung. Wie der heilige Augustinus zu den Christen seiner Zeit sagte: „Geht voran im Guten […]. Geht voran, ohne euch zu verirren, ohne zurückzuweichen, ohne auf der Stelle zu treten!“ (Predigt 256,3). Ich segne Sie von ganzem Herzen und bete für Sie alle. Danke.
(Aula Paolo VI, 23. Oktober 2025)
 
    

