„Gott vertraut den jungen Menschen und überträgt ihnen unverzüglich Verantwortung“
Eminenz, in welchem Maß interessieren sich die jungen Christen im Heiligen Land und im Nahen Osten für die kommende Synode? Haben Sie trotz ihrer Schwierigkeiten den Fragebogen beantwortet? Worin ist dieses Ereignis Ihrer Meinung nach auch für sie ein Grund zur Hoffnung?
Es ist in der Tat sehr wichtig, dass die Vertreter der neuen Generationen, die in den biblischen Gebieten leben, bei der Synode angehört werden, deren Thema lautet: „Die Jugendlichen, der Glaube und die Berufungsunterscheidung“. Die lateinischen und katholischen orientalischen Kirchen dieser Region haben in großem Maß auf die vorausgehende Befragung geantwortet. Ich muss sagen, dass es der Mutterkirche in Jerusalem, das heißt der lateinischen Diözese, die sich von Jordanien bis Zypern ausdehnt, besonders am Herz lag, sich an der vorbereitenden Reflexion zu dieser Synode zu beteiligen. Der Apostolische Administrator des Lateinischen Patriarchates von Jerusalem, Msgr. Pierbattista Pizzaballa schickte mir wesentliche Informationen und erklärte mir zum Beispiel, dass Gebetsabende für Jugendliche mit dem Ziel organisiert werden, sich zum Thema der Synode auszutauschen und zu beten, dass sie viel Frucht bringt. Ich wurde übrigens eingeladen, im Frühjahr vor den Jugendlichen im Heiligen Land zu sprechen, die dieses internationale Treffen, das von Papst Franziskus in die Wege geleitet wurde, mit Begeisterung erwarten trotz der großen Schwierigkeiten, in der sie selbst und ihre Familien leben. Zwei dieser Jugendlichen werden zur Vorsynode kommen, die wir in der Woche vom 19. bis 24. März in Rom organisieren. Alle Teilnehmer an dieser Vorsynode haben den Auftrag, von der Situation der jungen Menschen in ihrem Land Zeugnis zu geben, und natürlich wird man den Gesandten aus dem Heiligen Land besonders aufmerksam zuhören.
Was erwarten Sie von der ungewöhnlichen Vorsynode der Jugendlichen, die im Frühjahr organisiert wird? Was ist der Grund dafür, was ist neu daran?
Es werden Jugendlichen aus allen Kontinenten, von den Bischofskonferenzen, von den katholischen Verbänden und Bewegungen kommen, aber auch solche, die außerhalb der üblichen kirchlichen Kreise ausgewählt wurden, damit bei der im Herbst folgenden Bischofssynode auch wirklich allen Stimmen Rechnung getragen wird. Die Welt der Arbeit, des Sports, der Kunst usw. werden vertreten sein, da Papst Franziskus darauf bestanden hat, dass wir uns mit großer Sorge um die „Fernstehenden“, die Jugendlichen der „Randgebiete“ kümmern, die außerhalb unseres Netzes von praktizierenden Katholiken stehen. Sie können Fragen stellen, Ideen vermitteln und so Mittler zwischen der kirchlichen Institution, die aus dem Volk Gottes hervorgeht, und der weltlichen Gesellschaft sein. Die Erfahrung, die ihnen angeboten wird, besteht darin, die Kirche besser kennenzulernen und tiefer zu entdecken, was wir sind. Diese der Kirche eher fernstehenden Jugendlichen werden etwa 25% der Mitglieder der Vorsynode bilden, zu der insgesamt etwa 300 Personen im Internationalen Päpstlichen Kolleg Maria Mater Ecclesiae in Rom zusammenkommen werden. Auch Delegierte anderer christlicher Konfessionen und anderer großer Religionen werden vertreten sein. Natürlich wird die im Herbst vorgesehene Synode eine ganz andere Konstellation haben, denn es handelt sich satzungsgemäß um eine Begegnung von Bischöfen mit Zuhörern aus der Welt der Laien. Die jugendlichen Zuhörer – höchstens dreißig an der Zahl – werden sich insbesondere in den Arbeitsgruppen einbringen, wie wir es bei der Familien-Synode gemacht haben. Die Vorsynode wurde eingerichtet, um den Jugendlichen zu erlauben, in größerem Maß Protagonisten zu sein. Am Ende des Treffens werden sie ein Dokument billigen, das die Frucht der Arbeit dieser Woche sein wird und ihren Gesichtspunkt über die Wirklichkeit der Jugend ausdrückt sowie ihre Erwartungen, ihre Zweifel und ihre Hoffnung vorstellt. Ein solches Dokument soll dann den Synodenvätern halfen, ihre Reflexion einige Monate später zu leiten. Es gibt die Möglichkeit, sich an der Vorsynode auch über die Sozialnetze beteiligen, auch ohne selbst in Rom anwesend zu sein.
Papst Franziskus kritisiert scharf den Klerikalismus und lädt den Klerus ein, die Laien im Leben der Kirche als Partner, nicht aber als Arbeiter oder Diener zu betrachten. Kann diese Jugendsynode als eine bedeutende Etappe dieser neuen Beziehung im Volk Gottes betrachtet werden, damit zukünftige Priester- und Ordensberufungen weniger „elitär“ und in größerer Harmonie mit den anderen Berufungen gelebt werden, die die Schönheit und den Reichtum der Kirche ausmachen?
Genau das ist eines der Ziele der Synode. Wir werden theologisch von der Taufe, also vom allgemeinen Priestertum der Gläubigen ausgehen und dann sehen, wie sich ausgehend von dieser Wurzel die verschiedenen Berufungen in der Kirche entfalten: die Ehe, der geweihte oder nicht geweihte Dienst, die Charismen und das Ordensleben… Man muss zum Beispiel auch die zahlreichen Formen des Ehrenamtes in Betracht ziehen, die nicht an ein lebenslanges institutionelles Engagement gebunden sind. Alle schönen Ideale der Jugendlichen werden die Synodenväter in jeder Hinsicht interessieren. Natürlich sorgen wir uns um die Ordens- und Priesterberufungen, und wir werden Vertreter dieser spezifischen Berufungen haben. Die katholische Kirche will jedoch nicht nur ihre Bedürfnisse betrachten, sondern will sich für alle großzügigen Engagements öffnen, die der Heilige Geist überall weckt.
Wir dürfen Gott keine Grenzen setzen, er macht, was er will, sein Heiliger Geist wirkt auch außerhalb unserer Institutionen, vergessen wir das nicht. Die „Saat des Wortes“, über die die Kirchenväter früher sprachen, wurden vom II. Vatikanischen Konzil wieder hervorgehoben: Das Gute in der Welt kommt vom Wort Gottes, und wir nehmen es voll und ganz auf, ohne deshalb in den Synkretismus zu verfallen, denn die Fülle des Wortes hat einen einzigen Namen: Jesus Christus, den Mittelpunkt der Geschichte. Für uns aber ist es lebensnotwendig, dies zu verkünden.
Sie werden am 11. Februar das Fest Unserer Lieben Frau von Lourdes in dieser Wallfahrtsstätte der Pyrenäen leiten. Ist Bernadette, die 14 Jahre alt war, als die Jungfrau Maria ihr eine große Verantwortung übertrug, ein Modell für die Jugendlichen von heute und wird sie in dieser Eigenschaft eine der heiligen Patroninnen der Synode sein?
Ich habe eine vor kurzem erschienene Veröffentlichung der Kongregation für die Heiligsprechungen erhalten, die eine nicht erschöpfende Liste von 800 jungen Glaubenszeugen Christi bis zum Alter von 30 Jahren enthält, angefangen bei den Märtyrern der ersten Jahrhunderte wie dem heiligen Tarzisius bis zur seligen Albertina, die „die kleine Maria Goretti von Brasilien“ genannt wird. Sie ist beeindruckend, denn aus ihr geht klar hervor, dass Gott den Jugendlichen in der Geschichte der Menschen vertraut, ihnen unverzüglich Verantwortung überträgt und durch ihr Leben seine Gnade für alle aufstrahlen lässt. Ob wir heilige Schutzpatrone für die Jugendsynode haben werden? Das muss noch diskutiert werden, auf jeden Fall werden Gestalten die Bernadette einen Platz haben, umso mehr als der Rektor des Wallfahrtsortes Lourdes, Pater André Cabes, den Wunsch hat, dass alle kommenden Wallfahrten ab dem 11. Februar – dem 160. Jahrestag der Erscheinungen der Jungfrau Maria – eine Zeit der Vorbereitung auf die Jugendsynode einplanen. Seine Initiative hat mich sehr berührt und sie wird Zehntausenden von Jugendlichen ermöglichen, die dieses Jahr zu Wallfahrt nach Lourdes kommen, die synodale Dynamik zu erleben, wie von Papst Franziskus es wünscht. Pater Cabes gibt das Beispiel, dem andere in der Kirche folgen müssen, und ich hoffe, dass seine pastorale Kühnheit andere Wallfahrtsorte auf der ganzen Welt inspiriert, um das Erwachen und die Blüte aller Berufungen in der Kirche zu fördern.
Nach der Jugendsynode wird es 2019 eine Sondersynode für das Amazonas-Gebiet geben, an der Sie parallel bereits viel arbeiten. Inwiefern wird diese „regional“ scheinende Synode Ihrer Meinung nach eine weltweite Bedeutung haben?
Papst Franziskus nahm den Vorschlag der Bischöfe des Amazonas-Gebietes auf und freute sich, sie der Welt, der ganzen Menschheit anbieten zu können. Es gibt ein sehr waches Bewusstsein für die weltweite Bedeutung der Probleme des Amazonas-Gebietes, wie der biologischen Vielfalt, die eines der Themen seiner Enzyklika Laudato si’ ist. Es geht um eine uneingeschränkte Ökologie, in der der Mensch seinen Platz hat, aber auch die Achtung der Seele der Völker und ihre Identität in einer globalisierten Welt… Bei seiner Reise nach Peru startete er dieses historische Ereignis, als er zum ersten Mal als Papst in das Amazonas-Gebiet kam. Als Generalsekretär der Bischofssynode hatte ich eine erste Versammlung mit der Organisation vor Ort – der Repam, Red Eclesial Pan Amazónica – die die Vertreter der neun Staaten und sieben Bischofskonferenzen umfasst, die direkt zu diesem Amazonas-Gebiet gehören, das über sieben Millionen Quadratkilometer umfasst. Die Kirche ist seit langem im Amazonas-Gebiet vertreten, doch manche Diözesen, die so groß sind wie ganz Italien, haben nur etwa dreißig Priester, die sich über die Wasserwege von einer Gemeinde zur nächsten begeben, da es keine Straßen gibt. Wir müssen die Seelsorgebedürfnisse des Amazonas-Gebietes hören und Lösungen finden, damit die Evangelisierung weitergeht. Dabei müssen wir uns auf die Diakone stützen, denen wir die nötigen Werkzeuge geben müssen, um die Gemeinden zu leiten. Unsere Gegenwart muss stärker wirken, muss den Menschen näher sein, weit weg von den „Palästen“, wie Papst Franziskus sagt.
Wodurch wurden Sie auf ein so wesentliches Amt vorbereitet, die Bischofssynode zu koordinieren und in gewisser Weise die großen Ausrichtungen des Reformpontifikates von Papst Franziskus in die Tat umzusetzen?
Ich bin in Barga di Lucca geboren und wurde vor 54 Jahren in Pisa zum Priester geweiht. Als ich letztes Jahr mein 25. Bischofjubiläum feierte, hatte ich aus diesem Anlass Gelegenheit, für mein Leben zu danken, das im diplomatischen Dienst der Kirche eine Reise rund um die ganze Welt auf vier Kontinenten war, von Guatemala bis Haiti und von Paraguay bis Indien und Nepal, dann Brasilien… Ich hatte Rom 1973 verlassen und kehrte 2012 nach 39 Jahren dorthin zurück. Als Sekretär der Kongregation für die Bischöfe und als Sekretär des Kardinalskollegiums war ich auch Sekretär des Konklaves im Jahr 2013. Papst Franziskus, den ich vor seiner Wahl kennengelernt hatte, als ich Apostolischer Nuntius in Brasilien war, hat mir vertraut als er mich zum Kardinal kreierte und mich bat, die Synode zu koordinieren in dem Wissen, dass ich zahlreiche Bischöfe kannte, insbesondere die der großen Bischofskonferenzen von Brasilien und von Indien. Mein Bischofswahlspruch – „Itinere laete servire domino“, übersetzt: „In der Freude vorangehen, um dem Herrn zu dienen“ – fasst meinen Auftrag recht gut zusammen, der daraus besteht, mit meinen Mitbrüdern, den Bischöfen in einer Logik der Kollegialität voranzugehen, damit die Kirche mehr und mehr eine Familie ist, in der ein brüderlicher Austausch herrscht.
Das Gespräch führte François Vayne
(8. Februar 2018)